BGH: Schriftformheilungsklauseln sind immer unwirksam

Mietverträge, die über einen längeren Zeitraum als ein Jahr laufen sollen, sind nach den gesetzlichen Vorschriften schriftlich abzuschließen. Hierbei sind die vertragswesentlichen Vereinbarungen der Parteien in einer Urkunde niederzulegen. Sofern das Schriftlichkeitsgebot nicht beachtet wird, gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit laufend und ist daher jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündbar. Diesem insbesondere im Gewerberaummietrecht bestehenden Problem begegneten Vertragsparteien in der Vergangenheit damit, dass sie sogenannte Schriftformheilungsklauseln in die Verträge aufnahmen, nach denen sich die Parteien gegenseitig verpflichteten, jederzeit alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis nachzukommen; insbesondere verpflichteten sich die Vertragsparteien in diesem Zusammenhang in aller Regel auch, bis zur Nachholung der Schriftform den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der Schriftform vorzeitig zu kündigen.

 

In einem lange erwarteten Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr entschieden, dass derartige Schriftformnachholungsklauseln unvereinbar mit dem gesetzlichen Schriftformgebot seien, weswegen sie (gleich ob formularmäßig oder individuell vereinbart) unwirksam sind; damit bestehe hier grundsätzlich eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit. Nach Ansicht des BGH sind solche Klauseln unwirksam, weil die Vertragsparteien an eine nicht schriftliche Vertragsvereinbarung gebunden wären und insbesondere auch die Warnfunktion der gesetzlichen Schriftlichkeitsbestimmung leerliefe.

 

Im dem Urteil zu Grunde liegenden Fall bewertete der BGH die erklärte Kündigung wegen des Verstoßes gegen das Schriftlichkeitsgebot allerdings ausnahmsweise als unwirksam. Grund hierfür war, dass nach Sicht des BGH das Berufen der kündigenden Partei auf das nicht eingehaltene Schriftformgebot gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstieß, da die formunwirksame Vereinbarung auf ihre Veranlassung und ausschließlich zu ihren Gunsten erfolgt war; in diesem Falle könne sich diese Partei nicht von einem ihr inzwischen lästig gewordenen langfristigen Mietvertrag lösen.

 

Diese Entscheidung erlegt den Mietvertragsparteien einmal mehr die größte Sorgfalt bei der Formulierung von langfristigen Mietverträgen (und ihren Nachträgen) auf. Dies wird zukünftig noch stärker zu berücksichtigen sein. (SB)