5 Jahre INCOTERMS 2020 – eine Zwischenbilanz

Zum 1. Januar 2020 wurden damals die INCOTERMS 2020 in Kraft gesetzt; dabei ersetzten diese das bis dahin bestehende Regelwerk aus 2010 (siehe unsere KanzleiNews Januar 2020).

 

Unverändert stellen die INCOTERMS 2020 ein jeweiliges wesentliches Vertragselement im trans- bzw. internationalen Handelsgeschäft dar – wohl (fast) kein grenzüberschreitender B2B-Kaufvertrag wird richtigerweise ohne eine Klausel aus dem Katalog der in den INCOTERMS 2020 enthaltenen Standardlieferklauseln vereinbart. Zu beachten ist dabei, dass die INCOTERMS nur Bestimmungen für die Lieferung enthalten, nicht aber für andere Vertragspunkte wie z.B. die Zahlung des Kaufpreises. Weiter gilt, dass die einzelnen Lieferklauseln nur Klauselvorschläge darstellen, und dass sie – anders als z.B. das in der Regel „automatisch“ geltende UN-Kaufrecht – nur durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung zur Geltung kommen (Empfehlung zur Klarstellung: Die Klausel stets mit dem Zusatz „INCOTERMS 2020“ versehen). Insgesamt kommt den Klauseln dabei gerade auch aktuell angesichts der u.a. herausfordernden US-Zollpolitik eine besondere Bedeutung zu; denn in den einzelnen INCOTERMS-Klauseln wird auch die jeweilige Zuständigkeit entweder des Verkäufers oder des Käufers für die Entrichtung der Aus- und Einfuhrzölle bestimmt, die nunmehr ggfs. neu zu verhandeln ist.

 

Betreffend die konkrete Anwendung der Klauseln ist zu beobachten, dass abweichend von den vertraglich als solches günstigsten Klauseln EXW (für den Verkäufer) bzw. DDP (für den Käufer) in der Praxis häufig die Klauseln FCA bzw. DPU vereinbart werden.

 

Die Seite des Verkäufers wird dabei die Klausel FCA anstreben, mit der sie zwar die Ausfuhrabfertigung übernimmt – wozu sie häufig alleine berechtigt ist, nicht aber der im Land nicht ansässige Käufer; Kosten und Gefahr trägt bei FCA ab Lieferort und Verladung auf das Transportmedium dagegen schon der Käufer. Hingegen wird der Käufer versuchen, möglichst die Klausel DPU zu vereinbaren, durch die er zwar die Einfuhrabfertigung übernimmt – wozu in der Regel auch nur er, nicht aber der Verkäufer in der Lage ist –, aber die Kosten und Gefahren erst ab Anlieferung und erfolgter Entladung am Zielort trägt.

 

Klarstellend ist zu den vorstehenden Klauseln FCA und DPU (wie auch EXW und DDP) noch festzuhalten, dass sie für alle Transportarten gelten (wie auch die von den jeweiligen Vorteilen bzw. Nachteilen zwischen FCA und DPU liegenden Klauseln CPT, CIP und DAP; anders die Klauseln FAS, FOB, CFR und CIF, die nur den Schifffahrtstransport betreffen).

 

Abzuwarten bleibt, ob es entsprechend dem bisher üblichen 10-Jahresrhythmus in 2030 eine neue Fassung dieses Regelwerkes – dann in Form der INCOTERMS 2030 – geben wird, dies wie schon seit 1936, dem Jahr der Erstfassung. (GB)

UN-Kaufrecht – wann vereinbart?

Nicht immer bekannt ist, dass auch „ungewollt“ UN-Kaufrecht („CISG“) zur Vereinbarung kommt. Denn da das CISG Bestandteil des nationalen Rechts der CISG-Mitgliedsstaaten wie u.a. Deutschland und Frankreich ist, reicht für dessen Vereinbarung schon ein normaler B2B-Kaufvertrag zwischen z.B. einem deutschen und einem französischen Unternehmen aus, gleich, ob dann für diesen Vertrag deutsches oder französisches Recht gilt. Dabei ist zugleich zu beachten, dass das CISG „automatisch“ vorrangige Geltung gegenüber dem jeweiligen nationalen Recht hat. Folge dieser „indirekten“ Vereinbarung des CISG sind dann insgesamt jeweils besondere, den Käufer oder auch Verkäufer gegenüber dem nationalen Recht begünstigende kaufvertragliche Bestimmungen.

 

Zu vermeiden ist die Geltung des CISG nur durch dessen ausdrücklichen Ausschluss. Alternativ kann das CISG dadurch abgedungen werden, dass die Parteien das Recht eines Landes wählen, welches nicht Vertragspartei des CISG ist, so z. B. – als „promiente“ Ausnahme – englisches Recht. Schon aus dem Grunde aber, dass mit dem CISG nicht verbundenes ausländisches Recht als solches wie auch in seiner Durchsetzung mancherlei Fußangeln aufweisen kann, sollte dieser Weg sorgfältig abgewogen werden. In der Regel dürfte sich eher empfehlen, etwaige für die jeweilige Seite, d.h. den Verkäufer oder Käufer, nachteilige Regelungen des CISG durch entsprechende Vereinbarungen zu ändern und damit zu neutralisieren; dies gilt umso mehr, als dass das CISG solche Anpassungen gestattet. (GB)