AGG: (Angebliche) Altersdiskriminierung in Stellenanzeige durch Begriff „Digital Native“

Dass seit Inkrafttreten des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) bei Stellenanzeigen genau darauf zu achten ist, dass diese nicht „geschlechterdiskriminierend“ formuliert sind, hat sich zwischenzeitlich herumgesprochen. Dass aber auch eine Diskriminierung aufgrund des Lebensalters aus solchen Anzeigen herausgelesen werden kann, zeigt der nachfolgende Fall.

Ein Arbeitgeber annoncierte die Stelle eines „Mana-ger Corporate Communication (m/w/d)“, mit der Beschreibung „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media (…) zu Hause“. Ein er-folgloser Bewerber, Jahrgang 1972, sah hierin eine Diskriminierung aufgrund des Lebensalters und klagte auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Das ArbG Heilbronn gab ihm Recht: Der Begriff führe “nicht zu einer Verdeutlichung der erforderlichen Kenntnisse“, sondern zu einer „Einengung des Bewerberkreises“ auf Personen, denen „die Eigenschaft bereits in die Wiege gelegt sei, weil sie einer Generation angehören, die mit diesen Me-dien aufgewachsen seien“; dies biete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Altersdiskriminierung.

Obgleich die Richtigkeit dieser Einschätzung zumindest zweifelhaft ist, ist Arbeitgebern daher zu raten, bei der Formulierung von Stellenanzeigen künftig auch verstärkt auf die Verwendung von altersneutralen Formulierungen zu achten. (MJ)

Neuerungen und Ausblick: Arbeitsrecht 2024

Neben dem faktischen Wirksamwerden des Hinweisgeberschutzgesetzes Ende 2023 hält der Gesetzgeber für 2024 zahlreiche weitere Änderungen im und mit Bezug zum Arbeitsrecht bereit.

 

Einige der wichtigsten sind nachfolgend dargestellt.

 

Mindestlohnerhöhung / Anhebung der Minijob-Grenze

 

Ab dem 1. Januar 2024 steigt der gesetzliche Mindestlohn wie geplant von bisher 12,00 € brutto auf jetzt 12,41 € brutto pro geleistete Arbeitsstunde.

 

Entsprechend dem inzwischen vorgesehenen Automatismus steigt damit gleichzeitig die Einkommensgrenze für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis („Minijob“) von bisher 520 € brutto auf jetzt 538 € brutto pro Monat.

 

Telefonische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

 

Bereits seit Dezember 2023 können – wie schon zu Zeiten der Corona-Krise – Arbeitnehmer bei leichten Erkrankungen unter Umständen telefonisch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit einer maximalen Dauer von fünf Tagen erhalten. Dies gilt analog auch für die Erkrankung eines Kindes; Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um eine leichte Erkrankung (beispielsweise einen grippalen Infekt o.ä.) handelt, und der Arbeitnehmer in der ausstellenden Arztpraxis persönlich bekannt ist.

 

Ob daher auf diesem Wege dann eine Krankschreibung erfolgt, dürfte damit letztendlich im Ermessen des Arztes liegen.

 

Anhebung der Verpflegungskostenpauschalen bei Dienstreisen

 

Ab dem 1. Januar 2024 sollen für inländische Dienstreisen leicht angehobene Verpflegungskostenpauschalen gelten. Eine endgültige Verabschiedung der Gesetzesänderung steht jedoch noch aus; gegenwärtig ist hiermit noch der Vermittlungsausschuss befasst.

 

Eine Dienstreise mit einer Abwesenheitsdauer von mehr als 8 Stunden soll nunmehr eine Verpflegungskostenpauschale von 16 € (statt zuvor 14 €) rechtfertigen. Ab einer Abwesenheit von 24 Stunden könnte eine Pauschale in Höhe von 32 € pro Tag (statt zuvor 28 €) angesetzt werden. Der An- und Abreisetag würde dabei mit der „kleinen“ Pauschale von dann 16 € pro Tag berücksichtigt werden.

 

Wann die Neuregelung in Kraft tritt, und ob es bei den vorgenannten Beträgen verbleibt, bleibt abzuwarten.

 

Anhebung der Freibeträge für Betriebsveranstaltungen

 

Es ist beabsichtigt, (ggf. rückwirkend) ab dem 1. Januar 2024 den bislang geltenden Freibetrag für Zuwendungen / geldwerte Vorteile an Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebsveranstaltungen (Ausflüge, Weihnachtsfeiern, Jubiläumsfeierlichkeiten usw.) von bisher 110 € auf 150 € (pro Betriebsveranstaltung und Mitarbeiter; max. 2 Betriebsveranstaltungen pro Kalenderjahr) zu erhöhen. Eine endgültige gesetzliche Regelung steht allerdings gegenwärtig noch aus.

 

Neue Anspruchsdauer beim Kinderkrankengeld

 

Seit dem 1. Januar 2024 gelten neue Bezugsdauern für das Kinderkrankengeld.

 

Gesetzlich krankenversicherte Eltern eines Kindes, das jünger als zwölf Jahre ist, können nunmehr für bis zu 15 Arbeitstage pro Kind Kinderkrankengeld beziehen; für alleinerziehende Eltern beträgt dieser Wert 30 Arbeitstage.

 

Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitgeber nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist. Eine solche Verpflichtung kann sich insbesondere aus § 616 BGB („Entgeltfortzahlung bei vorübergehender persönlicher Verhinderung“) ergeben; diese Regelung kann allerdings im Rahmen einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung wirksam ausgeschlossen werden, was Arbeitgebern dringend zu empfehlen ist.

 

Auslaufen der Inflationsausgleichsprämie zum 31. Dezember 2024

 

Die zum 26. Oktober 2022 eingeführte Möglichkeit für Arbeitgeber, Arbeitnehmern zum Ausgleich der gestiegenen Verbrauchspreise eine steuer- und sozialversicherungsfreie Prämie in Höhe von bis zu 3.000 € zu gewähren (sog. Inflationsausgleichsprämie „IAP“), läuft planmäßig zum 31. Dezember 2024 aus.

 

Die Zahlung einer solchen Prämie – die seit ihrer Einführung im Übrigen auch im Rahmen der gütlichen Beilegung von Kündigungsschutzverfahren nicht unerhebliche Bedeutung erlangt hat – ist mithin also nur noch bis Ende des laufenden Kalenderjahres möglich. Eine Verlängerung der gesetzlichen Regelung ist, soweit ersichtlich, nicht beabsichtigt.

 

Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes steht aus

 

Die zur Beseitigung der gegenwärtig bestehenden Rechtsunsicherheit dringend erforderliche Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes, in der (endlich) klare gesetzliche Vorgaben bezüglich der nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts schon jetzt geltenden Verpflichtung zur Erfassung von Arbeitszeiten getroffen werden soll, steht nach wie vor aus. Der bislang vorliegende Entwurf befindet sich weiter in der Frist zur Abstimmung; eine endgültige Entscheidung wird zum Ende des ersten Quartals 2024 angestrebt.

 

Der bisher bekannte Entwurf schrieb im Wesentlichen eine elektronische Aufzeichnung der täglichen Arbeitsleistung (Beginn, Ende und Dauer) vor, soll aber zugleich die Durchführung von Vertrauensarbeitszeit weiterhin ermöglichen. Ob diese Regelungen letztlich in Gesetzeskraft erwachsen und ob, wie verschiedentlich vermutet, der Gesetzgeber im Gegenzug flexiblere Regelungen in Bezug auf die einzuhaltende tägliche Ruhezeit im Gesetz verankert, ist noch unklar.

 

Beschäftigtendatenschutzgesetz noch in 2024?

 

Im Rahmen ihrer angekündigten „Digitalstrategie“ hat die Bundesregierung in Aussicht gestellt, noch im laufenden Jahr den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Beschäftigtendaten vorzulegen. Ziel dieses Gesetzesvorhabens soll es sein, „mit einem modernen, handhabbaren Beschäftigtendatenschutzgesetz Rechtsklarheit für Arbeitgeber sowie Beschäftigte zu schaffen und die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten effektiv zu schützen“.

 

Zur Erreichung dieses – an sich begrüßenswerten – Zweckes soll insbesondere von den entsprechenden Öffnungsklauseln in der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Gebrauch gemacht werden. Ob ein solches Gesetz noch im laufenden Jahr in Kraft treten kann, und ob es seiner Zwecksetzung gerecht wird, bleibt indes abzuwarten. (MJ)