BAG: Arbeitnehmer muss während der Phase der Arbeitsunfähigkeit nicht zum Personalgespräch erscheinen

In einer in der Praxis immer wieder umstrittenen Frage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) sich in einer jüngeren Entscheidung deutlich positioniert: Es entschied, dass ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, auf Verlangen des Arbeitgebers zu einem Personalgespräch im Betrieb zu erscheinen.

Zwar sei, so das BAG, dem Arbeitgeber nicht schlechthin verboten, während der Arbeitsunfähigkeit mit einem Arbeitnehmer Kontakt aufzunehmen, sofern berechtigte betriebliche Interessen vorlägen und sich die Kontaktaufnahme in einem zeitlich angemessenen Umfang bewege – gleichwohl könne vom Arbeitnehmer allerdings nicht verlangt werden, zu einem Personalgespräch im Betrieb zu erscheinen.

Begründet wurde dies damit, dass während der Arbeitsunfähigkeit die Hauptleistungspflichten des Arbeitnehmers und damit auch zusammenhängende Nebenpflichten suspendiert seien, worunter auch das Aufsuchen des Betriebes zum Zwecke eines Personalgespräches falle.

Eine Ausnahme soll nach Auffassung des BAG zwar dann denkbar sein, wenn das Erscheinen des Arbeitnehmers im Betrieb „ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar“ und der Arbeitnehmer dazu gesundheitlich in der Lage sei. Derartige Umstände konnte der Arbeitgeber im entschiedenen Fall aber nicht beweisen, der damit zugleich auch in diesem Verfahren und mit seiner Aufforderung an den Arbeitnehmer, im Betrieb zu erscheinen, unterlag. (MJ)

Achtung! Wichtige Änderungen bei arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen

Arbeitsverträge enthalten häufig (und sinnvollerweise) Regelungen dahingehend, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb bestimmter Fristen gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden müssen, da sie widrigenfalls unwiederbringlich verfallen.

Nach bisheriger Rechtslage war eine solche Regelung grundsätzlich wirksam, sofern die Verfallfrist nicht weniger als drei Monate betrug. Wirksam war es bisher auch, in der Regelung zu vereinbaren, dass die betreffenden Ansprüche schriftlich gegenüber der anderen Seite geltend gemacht werden müssen. Diese Rechtslage hat jüngst zwei entscheidende Änderungen erfahren.

1. Im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung des § 309 Nr. 13 BGB, der am 1. Oktober 2016 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber festgelegt, dass im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen (und hierzu zählen nahezu alle Arbeitsverträge) die Wirksamkeit der Geltendmachung von Ansprüchen nicht davon abhängig gemacht werden darf, dass diese in Schriftform erfolgt. Das strengstmögliche wirksam zu vereinbarende Formerfordernis ist hier-nach nunmehr die Textform, die auch durch eine Geltendmachung per E-Mail, nicht eigenhändig unterschriebenen Schreiben usw. gewahrt wird.

2. In einer aktuellen, bisher nur als Pressemitteilung vorliegenden Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht zudem Ende August 2016 entschieden, dass Ausschlussfristenregelungen insgesamt unwirksam sind, wenn sie nicht die ausdrückliche Einschränkung enthalten, dass sie nicht für Mindestentgeltansprüche gelten, die auf Basis des Arbeitnehmerentsendegesetzes festgelegt sind. Eine Aussage, ob diese Rechtsfolge auch im Hinblick auf Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz oder sonstige Mindestentgeltansprüche anzunehmen ist, ist der Pressemitteilung nicht zu entnehmen. Angesichts der doch recht klaren Tendenz des besagten Urteils ist jedoch gegenwärtig dringend zu empfehlen, in sämtliche Ausschlussfristregelugen ausdrücklich aufzunehmen, dass jeglicher Anspruch auf Mindestentgelte – gleichgültig, auf welcher Rechtsgrundlage er beruht – von der Regelung ausgenommen ist. (MJ)