Obacht bei Vertragsabschlüssen mit Verbrauchern auf Baustelle ohne Widerrufsbelehrung – EuGH bestätigt Entgeltentfall bei Widerruf

Geübte und auch eigentlich sinnvolle Praxis im Baubereich ist, dass der Vertrag über die gewünschten einzelnen Bauleistungen mit dem Auftragnehmer direkt vor Ort – regelmäßig dabei auf der Baustelle – besprochen und dann vereinbart wird.

 

Handelt es sich bei dem Bauherrn indessen um einen Verbraucher, dann steht diesem aufgrund einer maßgeblich von der EU bestimmten verbraucherfreundlichen Gesetzeslage durch den damit gegebenen Charakter als „Haustürgeschäft“ (auch) bei einzelnen Bauleistungen zwingend ein gesetzliches Widerrufsrecht zu (klarstellend: dies außerhalb des sich auf einen Gesamtbau beziehenden „Verbraucherbauvertrages“ – dort hat der Verbraucher ohnehin ein solches Recht); hierüber ist der Verbraucher bei Vertragsschluss zu belehren. Unterbleibt eine solche Belehrung, dann kann der Verbraucher den Vertrag innerhalb einer Frist von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss widerrufen; macht der Verbraucher davon fristgerecht Gebrauch, dann entfällt der Vertrag und damit zugleich auch jeglicher Entgeltanspruch des Werkunternehmers unbeschadet des Umstandes, dass dieser die Leistungen (einschließlich Materiallieferungen) ggfs. bereits teilweise oder auch schon vollständig ausgeführt hat.

 

Über einen solchen Fall hatte das Landgericht Essen (LG) zu entscheiden. Der beklagte Verbraucher hatte in seinem sanierungsbedürftigen Haus, also direkt vor Ort, mit einem Werkunternehmer einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation abgeschlossen; eine Belehrung über das Widerrufsrecht war dabei unterblieben. Die Leistungen wurden vom Werkunternehmer sodann vollständig erbracht. Im Nachgang hierzu widerrief der Verbraucher den Vertrag und verweigerte zugleich die Zahlung des vereinbarten Werklohnes.

 

Der Unternehmer klagte hieraufhin auf Zahlung des vereinbarten Entgeltes. Entsprechend der schon vorstehend aufgezeigten klaren Gesetzeslage sah sich das LG indessen daran gehindert, dem Unternehmer den Werklohn zuzusprechen. Dies empfand das LG allerdings aufgrund der unberechtigten Bereicherung des beklagten Verbrauchers und der unverhältnismäßigen Sanktionierung des Unternehmers wegen der unterlassenen Widerrufsbelehrung als unbillig und legte diesen Fall dem Europäischen Gerichtshof der EU (EuGH) vor.

 

Im Gleichklang mit der verbraucherfreundlichen Politik der EU hat der EuGH auf diese Vorlage hin mit einer Entscheidung aus Mitte 2023 seine strenge verbraucherschützende Position bekräftigt und die vom LG in Frage gestellte Gesetzes- und Rechtslage ausdrücklich bestätigt. Der EuGH hat dabei hervorgehoben, dass dem Verbraucherschutz und seiner Durchsetzung eine überragende Stellung zukomme und  dies nicht durch  Abweichungen in  Einzelfällen gefährdet werden dürfe; dies gelte auch in Bezug auf eine wie hier ggfs. vorliegende erhebliche Unverhältnismäßigkeit.

 

Nachdem damit diese sehr verbraucherfreundliche Regelung nun auch höchstrichterlich bestätigt ist, sollten Werkunternehmer in solchen Fällen des „Haustürgeschäftes“ unbedingt die Anforderungen betreffend die Widerrufsbelehrung beachten und einhalten. (GB)

VOB/B: Keine Änderungen im Hinblick auf das neue Werkvertragsrecht vorgesehen

Die für die Prüfung und Weiterentwicklung der  VOB/B zuständige Einrichtung („Hauptausschuß Allgemeines im Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuß für Bauleistungen“, nachfolgend „HAA“) hat sich trotz der seit dem 1. Januar 2018 geltenden erheblichen Änderungen im Werksvertrags- und insbesondere Baurecht (siehe zuletzt unsere Mandanteninformation Mai 2017) nicht dazu durchringen können, die VOB/B entsprechend anzupassen. Vielmehr soll erst, wie nunmehr vom HAA beschlossen, die Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur abgewartet werden, um dann zu einem späteren Zeitpunkt die notwendigen Änderungen vorzunehmen.

 

Im Hinblick auf dieses angekündigte Abwarten und die üblichen langfristigen Abstimmungsprozesse des HAA muss entsprechend davon ausgegangen werden, dass auch mittel- bis langfristig die VOB/B (nur) in der derzeitigen nichtangepassten Fassung zur Verfügung stehen wird. Damit gilt weiterhin – mit einer leichten Verschärfung – für die Einbeziehung der VOB/B in Verträgen Nachfolgendes.

 

– Möchte eine Partei die VOB/B (klarstellend: unverändert nur wirksam vereinbar zwischen Unternehmen) mit voller Geltung in einen Vertrag einbeziehen, so muss sie dafür sorgen, dass die VOB/B „als Ganzes“ vereinbart wird; das bedeutet, dass durch die ergänzend zu den VOB/B vereinbarten Vertragsbedingungen grundsätzlich nicht von den Regelungen der VOB/B abgewichen werden darf, es sei denn, die VOB/B erlaubt dieses.

 

– Bei einer Abweichung von den Regelungen der VOB/B gilt unverändert für jede einzelne Klausel der VOB/B, dass deren Wirksamkeit an den gesetzlichen Regelungen gemessen wird, und dass schon bisher viele dieser Klauseln unwirksam waren. Durch die nunmehrigen Änderungen im gesetzlichen Bauvertragsrecht dürfte dies auch für weitere Klauseln der VOB/B, so das dortige Anordnungsrecht und die Kündigungsvorschriften, gelten.

 

Bei gewünschter wirksamer Einbeziehung der VOB/B ist daher strikt auf deren Vereinbarung als Ganzes zu achten. (GB)