Nach einer Regelung des Einkommensteuergesetzes (EStG) können Selbstständige Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht steuerlich gel-tend machen, es sei denn, dass für die berufliche Tätigkeit kein „anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung steht.
In einem jüngsten Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) wurde nun die Frage, was denn dieser „andere Arbeitsplatz“ sein soll, präzisiert.
Im zu entscheidenden Fall ging es darum, dass ein selbständig tätiger Logopäde Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht hat, obwohl er über zwei Praxisräumlichkeiten verfügte. Die Finanzverwaltung war der Ansicht, dass die Existenz dieser Praxen einen anderen Arbeitsplatz begründen würde und insoweit die Beanspruchung eines steuerlich absetzbaren häuslichen Arbeitszimmers nicht zulässig sei. Dagegen wendete der Logopäde ein, dass die Praxen allein zur Patientenbehandlung nutzbar sein, nicht hingegen als Büro. In dieser Ansicht wurde er nunmehr vom BFH bestätigt.
Der BFH führte hierzu aus, dass ein anderer Arbeitsplatz nur dann in Betracht kommen könne, wenn er so beschaffen sei, dass der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen sei. Ob dies so ist, sei immer eine Frage des Einzel-falls und insoweit gesondert zu prüfen. Zum Prüfungsmaßstab dabei gehöre auch die Frage der Einrichtung des anderen Arbeitsplatzes. Sofern sich dieser für Bürotätigkeiten nicht eignet, jedoch aber der Steuerpflichtige auf einen Büroarbeitsplatz angewiesen sei, kann sich eine Unzumutbarkeit der Nutzung der außerhäuslichen Räumlichkeiten (hier die Logopädenpraxis) ergeben.
Im Umkehrschluss bewirkte dies, dass der Steuer-pflichtige hier über keinen anderen Arbeitsplatz im Sinne des EStG verfügt und ihm daher steuerlich ein häuslicher Arbeitsplatz zugebilligt wurde; der Steuerpflichtige darf daher entgegen der grundsätzlich restriktiven Haltung der Finanzverwaltung in diesem – wenn auch besonders gelagerten – Fall seine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer absetzen.
(EO)