Kündigungen richtig zustellen – ein Leitfaden

Dass der Ausspruch der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht eben einfach ist, ist bekannt. Weniger bekannt ist allerdings, dass sich Fallstricke hierbei auch bei der Zustellung der Kündigung an den Arbeitnehmer ergeben können. Denn bestreitet der Arbeitnehmer, die Kündigung erhalten zu haben, muss der Arbeitgeber das Gegenteil beweisen.

 

Vergleichsweise einfach ist dies im Fall des Zugangs der Erklärung unter Anwesenden, d. h. bei der persönlichen Übergabe an den Arbeitnehmer. Hier ist nur zu beachten, dass die durch z.B. den Geschäftsführer vorgesehene Übergabe im Beisein von Zeugen erfolgt. Denn im Streitfall darf der Geschäftsführer nicht selbst als Zeuge für den Zugang der Kündigung auftreten, da er Partei des Rechtsstreits ist.

 

Beim Zugang unter Abwesenden ist dies komplizierter; hier wird regelmäßig kein Zeuge für den Zugang bei dem Arbeitnehmer verfügbar sein.

 

Rechtssicherste Variante der Zustellung ist hier eigentlich die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher. Aufgrund der zumeist herrschenden Eilbedürftigkeit ist diese aber eher nicht zu empfehlen. Dringend abzuraten ist von einer Zustellung per einfachem Brief. Hier kann der Arbeitgeber allenfalls beweisen, dass das Schreiben per Post versandt wurde; mangels irgendwelcher weitergehenden Informationen wird ihm dagegen der Beweis, dass die Kündigung auch tatsächlich angekommen ist, nicht gelingen. Auch die Zustellung der Kündigung per Übergabe-Einschreiben mit Rückschein ist nicht empfehlenswert. Zwar mag es vorkommen, dass der Postbote den Arbeitnehmer tatsächlich zu Hause erreicht und diesem das Schreiben direkt übergeben kann. Trifft er den Arbeitnehmer aber nicht an, wird der Zusteller lediglich eine entsprechende Abholbenachrichtigung hinterlassen, was zur Folge hat, dass die Kündigung dem Arbeitnehmer auch erst dann zugeht, wenn er diese tatsächlich abholt. Dies könnte  einige Tage dauern, was zur Versäumnis wichtiger Fristen führen kann.

 

Am häufigsten erfolgt daher in der Praxis (als zweitbeste Lösung) die Zustellung per Einwurfeinschreiben. Hier wirft der Zusteller das Schreiben in den Briefkasten des Empfängers ein und vermerkt zugleich postintern, dass und wann er dies getan hat. Nach herrschender Rechtsprechung der meisten Arbeitsgerichte gilt das Schreiben damit unabhängig davon, wann der Arbeitnehmer es tatsächlich aus dem Briefkasten nimmt, als entweder am selben Tag oder jedenfalls aber am nächsten Werktag zugegangen. Wichtig für die gegebenenfalls erforderliche Beweisführung ist dabei aber, dass der Arbeitgeber nicht nur den Einlieferungsbeleg für das Einschreiben und die online abrufbare Information über den Sendungsstatus zu seinen Unterlagen nimmt, sondern bei der Post auch noch gesondert die Übermittlung der sog. „elektronischen Reproduktion des Auslieferungsbelegs“ anfordert und zu seinen Unterlagen nimmt. Bei diesem Dokument, das gegenwärtig noch telefonisch beim Kundenservice angefordert werden muss, handelt es sich um eine Bilddatei, auf der das Datum der Zustellung und die Unterschrift des Zustellers zu erkennen ist. Kann ein Arbeitgeber dieses Dokument und den Einlieferungsbeleg im Gerichtsverfahren vorlegen, wird – allerdings widerleglich – vermutet, dass das Schreiben zum angegebenen Zeitpunkt zugegangen ist.

 

Allen vorgenannten Zustellungsvarianten vorzugswürdig ist die Zustellung per (eigenem) Boten, bei der ein Mitarbeiter des Arbeitgebers die Kündigung selbst in den Briefkasten des Arbeitnehmers einwirft und sich idealerweise über den Zeitpunkt der Zustellung einen Vermerk macht. Dieser Mitarbeiter kann dann vor Gericht als Zeuge herangezogen werden.

 

Für alle Varianten des Zugangs unter Abwesenden gilt, dass die Kündigung zunächst einem Mitarbeiter auszuhändigen ist, der diese durchliest, sich vergewissert, dass es sich um ein Original (mit „echter“ Unterschrift; keine Kopie, kein Scan o.ä.!)  handelt, und sie dann entweder per Einwurfeinschreiben oder selbst als Bote auf den Weg bringt. Hierdurch kann dann der etwaigen Behauptung der Gegenseite vorgebeugt werden, ihm sei zwar ein Umschlag zugestellt worden, dieser sei aber leer gewesen oder habe nur eine Kopie der Kündigung oder gar ein ganz anderes Schreiben enthalten. (MJ)

5 Jahre INCOTERMS 2020 – eine Zwischenbilanz

Zum 1. Januar 2020 wurden damals die INCOTERMS 2020 in Kraft gesetzt; dabei ersetzten diese das bis dahin bestehende Regelwerk aus 2010 (siehe unsere KanzleiNews Januar 2020).

 

Unverändert stellen die INCOTERMS 2020 ein jeweiliges wesentliches Vertragselement im trans- bzw. internationalen Handelsgeschäft dar – wohl (fast) kein grenzüberschreitender B2B-Kaufvertrag wird richtigerweise ohne eine Klausel aus dem Katalog der in den INCOTERMS 2020 enthaltenen Standardlieferklauseln vereinbart. Zu beachten ist dabei, dass die INCOTERMS nur Bestimmungen für die Lieferung enthalten, nicht aber für andere Vertragspunkte wie z.B. die Zahlung des Kaufpreises. Weiter gilt, dass die einzelnen Lieferklauseln nur Klauselvorschläge darstellen, und dass sie – anders als z.B. das in der Regel „automatisch“ geltende UN-Kaufrecht – nur durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung zur Geltung kommen (Empfehlung zur Klarstellung: Die Klausel stets mit dem Zusatz „INCOTERMS 2020“ versehen). Insgesamt kommt den Klauseln dabei gerade auch aktuell angesichts der u.a. herausfordernden US-Zollpolitik eine besondere Bedeutung zu; denn in den einzelnen INCOTERMS-Klauseln wird auch die jeweilige Zuständigkeit entweder des Verkäufers oder des Käufers für die Entrichtung der Aus- und Einfuhrzölle bestimmt, die nunmehr ggfs. neu zu verhandeln ist.

 

Betreffend die konkrete Anwendung der Klauseln ist zu beobachten, dass abweichend von den vertraglich als solches günstigsten Klauseln EXW (für den Verkäufer) bzw. DDP (für den Käufer) in der Praxis häufig die Klauseln FCA bzw. DPU vereinbart werden.

 

Die Seite des Verkäufers wird dabei die Klausel FCA anstreben, mit der sie zwar die Ausfuhrabfertigung übernimmt – wozu sie häufig alleine berechtigt ist, nicht aber der im Land nicht ansässige Käufer; Kosten und Gefahr trägt bei FCA ab Lieferort und Verladung auf das Transportmedium dagegen schon der Käufer. Hingegen wird der Käufer versuchen, möglichst die Klausel DPU zu vereinbaren, durch die er zwar die Einfuhrabfertigung übernimmt – wozu in der Regel auch nur er, nicht aber der Verkäufer in der Lage ist –, aber die Kosten und Gefahren erst ab Anlieferung und erfolgter Entladung am Zielort trägt.

 

Klarstellend ist zu den vorstehenden Klauseln FCA und DPU (wie auch EXW und DDP) noch festzuhalten, dass sie für alle Transportarten gelten (wie auch die von den jeweiligen Vorteilen bzw. Nachteilen zwischen FCA und DPU liegenden Klauseln CPT, CIP und DAP; anders die Klauseln FAS, FOB, CFR und CIF, die nur den Schifffahrtstransport betreffen).

 

Abzuwarten bleibt, ob es entsprechend dem bisher üblichen 10-Jahresrhythmus in 2030 eine neue Fassung dieses Regelwerkes – dann in Form der INCOTERMS 2030 – geben wird, dies wie schon seit 1936, dem Jahr der Erstfassung. (GB)