Unwirksamkeit eines arbeitsvertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalts für Sonderzahlungen

In Arbeitsverträgen finden sich häufig Regelungen, nach denen an den Arbeitnehmer geleistete Sonderzahlungen wie beispielsweise Weihnachts- oder Urlaubsgeld unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden. Hiermit soll erreicht werden, dass durch die Zahlung solcher Sonderzuwendungen nicht versehentlich ein dauerhafter Anspruch aus dem Rechtsgrund der sog. betrieblichen Übung entsteht. Bei der Formulierung derartiger Vorbehaltsklauseln ist allerdings Vorsicht geboten, wie ein aktuell vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedener Fall zeigt. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthielt die Formulierung: „Die Zahlung von Sonderzuwendungen, insbesondere von Weihnachts- und/oder Urlaubsgeld, liegt im freien Ermessen des Arbeitgebers und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft, auch wenn die Zahlung mehrfach und ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgt“. Ein Arbeitnehmer, der im Gegensatz zu den Vorjahren kein Weihnachtsgeld erhalten hatte, klagte gleichwohl gegen seinen Arbeitgeber auf Zahlung – und bekam vor dem BAG in letzter Instanz Recht. Das BAG stellte sich auf den Standpunkt, dass die obige Klausel unwirksam sei, da sie dahingehend ausgelegt werden könne, dass auch Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die auf einer ausdrücklichen individuellen Abrede mit dem Arbeitgeber beruhen, von ihr erfasst sein sollen. Dies sei aber aufgrund des gesetzlich formulierten Vorrangs der Individualabrede (§ 305b BGB) unzulässig und die gesamte Klausel damit unwirksam.

 

Es wäre hiernach künftig dringend darauf zu achten, dass bei derartigen Freiwilligkeitsvorbehalten ausdrücklich klargestellt wird, dass individuelle Vertragsabreden der Parteien von diesen nicht erfasst sein sollen. Unabhängig davon zeigt das Urteil des BAG, das sich letztlich in eine ganze Reihe ähnlicher Urteile einreiht, dass auf Freiwilligkeitsvorbehalte in Arbeitsverträgen besser nicht vertraut werden sollte. Arbeitgebern ist daher dringend zu raten, auf die Freiwilligkeit einer Zahlung immer auch zusätzlich dann hinzuweisen, wenn diese erfolgt. Dies kann z.B. durch ein entsprechendes Anschreiben an den Arbeitnehmer geschehen oder notfalls eventuell auch in der entsprechenden Entgeltabrechnung. (MJ) 

Obacht bei Vertragsabschlüssen mit Verbrauchern auf Baustelle ohne Widerrufsbelehrung – EuGH bestätigt Entgeltentfall bei Widerruf

Geübte und auch eigentlich sinnvolle Praxis im Baubereich ist, dass der Vertrag über die gewünschten einzelnen Bauleistungen mit dem Auftragnehmer direkt vor Ort – regelmäßig dabei auf der Baustelle – besprochen und dann vereinbart wird.

 

Handelt es sich bei dem Bauherrn indessen um einen Verbraucher, dann steht diesem aufgrund einer maßgeblich von der EU bestimmten verbraucherfreundlichen Gesetzeslage durch den damit gegebenen Charakter als „Haustürgeschäft“ (auch) bei einzelnen Bauleistungen zwingend ein gesetzliches Widerrufsrecht zu (klarstellend: dies außerhalb des sich auf einen Gesamtbau beziehenden „Verbraucherbauvertrages“ – dort hat der Verbraucher ohnehin ein solches Recht); hierüber ist der Verbraucher bei Vertragsschluss zu belehren. Unterbleibt eine solche Belehrung, dann kann der Verbraucher den Vertrag innerhalb einer Frist von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss widerrufen; macht der Verbraucher davon fristgerecht Gebrauch, dann entfällt der Vertrag und damit zugleich auch jeglicher Entgeltanspruch des Werkunternehmers unbeschadet des Umstandes, dass dieser die Leistungen (einschließlich Materiallieferungen) ggfs. bereits teilweise oder auch schon vollständig ausgeführt hat.

 

Über einen solchen Fall hatte das Landgericht Essen (LG) zu entscheiden. Der beklagte Verbraucher hatte in seinem sanierungsbedürftigen Haus, also direkt vor Ort, mit einem Werkunternehmer einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation abgeschlossen; eine Belehrung über das Widerrufsrecht war dabei unterblieben. Die Leistungen wurden vom Werkunternehmer sodann vollständig erbracht. Im Nachgang hierzu widerrief der Verbraucher den Vertrag und verweigerte zugleich die Zahlung des vereinbarten Werklohnes.

 

Der Unternehmer klagte hieraufhin auf Zahlung des vereinbarten Entgeltes. Entsprechend der schon vorstehend aufgezeigten klaren Gesetzeslage sah sich das LG indessen daran gehindert, dem Unternehmer den Werklohn zuzusprechen. Dies empfand das LG allerdings aufgrund der unberechtigten Bereicherung des beklagten Verbrauchers und der unverhältnismäßigen Sanktionierung des Unternehmers wegen der unterlassenen Widerrufsbelehrung als unbillig und legte diesen Fall dem Europäischen Gerichtshof der EU (EuGH) vor.

 

Im Gleichklang mit der verbraucherfreundlichen Politik der EU hat der EuGH auf diese Vorlage hin mit einer Entscheidung aus Mitte 2023 seine strenge verbraucherschützende Position bekräftigt und die vom LG in Frage gestellte Gesetzes- und Rechtslage ausdrücklich bestätigt. Der EuGH hat dabei hervorgehoben, dass dem Verbraucherschutz und seiner Durchsetzung eine überragende Stellung zukomme und  dies nicht durch  Abweichungen in  Einzelfällen gefährdet werden dürfe; dies gelte auch in Bezug auf eine wie hier ggfs. vorliegende erhebliche Unverhältnismäßigkeit.

 

Nachdem damit diese sehr verbraucherfreundliche Regelung nun auch höchstrichterlich bestätigt ist, sollten Werkunternehmer in solchen Fällen des „Haustürgeschäftes“ unbedingt die Anforderungen betreffend die Widerrufsbelehrung beachten und einhalten. (GB)